Seit einer Woche sind die heimischen Fischbestände in der Werra und ihren Nebenbächen durch massenhaft überwinternder Kormorane wieder einmal streckenweise bis zur völligen Ausrottung, zumindest aber bis zur Reproduktionsunfähigkeit für mehrere Jahre bedroht.
Die Kosten und Leistungen der Angler für eine lebendige Werra,für den Artenschutz im und am Gewässer,für den Aufbau gesunder artenreicher Fischbestände, werden Opfer einer jahrelangen verfehlten Artenschutzpolitik,bezüglich dieser Kormorane.
Bereits 1998 haben viele Angelvereine und Fischzüchter im Mittelgebirgsraum, auf erhebliche Verluste der Fischbestände durch den Fraßdruck überwinternder Kormorane hingewiesen, weil jährlich immer mehr Fischverluste zu beklagen waren. Je kälter der Winter, um so höher waren die Verluste. Die Brutkolonien haben zugenommen und somit auch die Kormorane. Die Argumente der Naturschützer, dass die Kormorane keinen Schaden anrichten und die Natur das Kormoranproblem, wenn es überhaupt eins gibt, dieses selbst regelt, erweist sich nun als eine üble Behauptung. Diese Leute haben jahrelang und bis heute nicht erkannt, dass ein großes Missverhältnis zwischen den für Kormorane im Sommer verfügbaren Fischgründen,wie z.B. an den großen Seen,an den Küstengewässern,am Niederrhein oder an der unteren Oder und den im Winter noch nicht zugefrorenen Mittelgebirgsbächen und –flüssen besteht.
In diesen wenigen nicht zugefroren Gewässern, die vieleicht nur dem hundertsten Teil der vorgenannten Gewässerflächen entsprechen, sollen nun die angreifenden Kormorane satt werden.
Oder genauer ist, dass einer bestimmten Menge Kormoranen im Sommer im Norden ca 100ha für ihre Existenz verfügbar sind und für die gleiche Menge Kormorane im Winter im Mittelgebirgsraum als offenes Fließgewässer nur 1ha zur Verfügung steht.
Dazu kommt, dass die Reproduktionsbedingungen für Fische in den Seen und den unteren Bereichen der Flüsse als Kraut- und Sommerlaicher in mehrfacher Hinsicht viel einfacher sind, als die der Kies- und Winterlaicher in den kleinen oberen Flüssen und Bächen.
Ein besonderer Umstand für die hohen Verluste durch Kormorane, besonders bei Äschen,Barben und Forellen ist der,dass es wechselwarme Tiere sind. Ihre Körpertemperatur gleicht sich der
Wassertemperatur an (z.Zt. in der Werra 3 Grad C). Dabei werden fast alle wichtigen Lebensfunktionen auf ein Minimum reduziert. Sie verlassen dabei ihren gewohnten Strömungsstandort und sammeln sich Schwarmweise am Grund, an ruhigen Stellen. Ihre Nahrungsaufname,ihre Schwimmaktivitäten und ihr Reaktionsvermögen ist nun äußerst gering.Diese Ruhe ist aber lebenswichtig für die folgende Reproduktionsphase im Frühjahr. Genau in dieser Ruhephase greift der Kormoran an und hat dabei leichtes Spiel bei der Vernichtung der Kieslaicher, auch wenn sie schon eine beachtliche Göße als Laicher erreicht haben.
Hier aufs Eis gezogene Fische - die Kormorane wurden bei der Mahlzeit aufgeschreckt.
Es ist vermutlich so, dass auf diesem Gebiet manchen Naturschützern ein gewisser mangelnder Sach- und Fachverstand bezüglich Reprodutionfähigkeit und Reproduktionsbedingungen bei den einzelnen Fischarten in den jeweiligen Fließgewässern und Seen angelastet werden muß. Die Angelvereine jedenfalls wissen, was für den Erhalt der heimischen Fischbestände in der heutigen Zeit zu tun ist.
Der Angel- und Fischereiverien Meiningen e.V bezahlt für die Erhaltung der Fischbestände in der Werra für jeden ha zwischen 700 und 800 Euro/Jahr und leistet für jeden ha jährlich130 Stunden für die nötigen Hegemaßnahmen. Dabei ist die künstliche Erbrütung und die naturnahe Satzfischproduktion von Bachforellen und Äschen, der nicht billige Besatz mit Satzaalen, sowie der Wiederaufbau der verschollenen Barbenbestände einer der schwierigen Zielstellungen.
Die Ursachen dafür, dass schon jahrzehnte lang Satzfische erzeugt und besonders in Fließgewässer eingesetzt werden müssen sind hinreichend bekannt und müssen hier nicht nocheinmal aufgezählt werden. Auch hier wird diese Notwendigkeit von Naturschützern nicht anerkannt. Es liegt aber ganz eindeutig auf der Hand, dass es ohne Besatz durch die Angler in den Fließgewässern Thüringens, schon lange keine Aale,Bachforellen,Äschen und Barben geben würde.
In der Meininger Forellen und Äschenaufzuchtanlage Am Weidig, werden von den Anglern nicht nur Fische für den Werrabesatz produziert, sondern es ist auch ein von Anglern umsorgtes Biotop mitten in der Stadt Meiningen, wo z.B.ca 20 Singvogelarten, aber auch der Sperber und der Rotmilan,der Iltis, die Ringelnatter, Lurche, seltene Insekten und beim Fischefangen der Eisvogel beobachtet werden kann. Viele Angelvereine der Region tun ebenso sehr viel für den Artenschutz bezüglich heimischer Tiere in und an den Pachtgewässern. Ein Beispiel von vielen ist die Teichanlage in der Edelaue bei Rohr.
Leider fällt immer wieder auf ,dass bei manchem Naturschützer der Artenschutz an der Wasseroberfläche aufhört und Fische keine Tierart, sondern allerhöchstens Vogelfutter sind.
Die Duldung der erheblichen Schäden an den heimischen Fischbeständen durch Kormorane, ist nicht anders zu erklären. Wenn 20 Wildschweine in einem Kartoffelacker vor der Ernte eine Woche wühlen,weiß ein jeder was nötig ist. Wenn im Forst in einem jungen Buchen oder Fichtenbestand das Rotwild die Spitzen der Bäume abknabbert, weiß auch ein jeder was nötig ist.
Ähnliche Beispiele gäbe es mehre.
Wenn aber Kormorane die heimischen Fischbestände radikal plündern, dann muss nach einem Jahrzehnt mit Steuergeldern immer noch geforscht werden, ob es wirklich so ist und was die Kormorane den Tag lang und das Jahr über eigentlich so tun. Sehr verspätet, aber immerhin,
ist nun ein nicht einfaches Regelwerk für das Schießen von Kormoranen entstanden. Es wird wenig erfolgreich sein, wenn nicht auch Maßnahmen für die Reduzierung der Kormoranbestände in den Brutkolonien ergriffen werden.
Das katastrophale Tun der Kormorane an unseren Fischbeständen erleben wir Angler in diesen Tagen ganz nahe in und an der Werra in der Gemarkung Meiningen in unserem gehegten, gepflegten und behüteten Pachtgewässer.
Täglich sind über 100 Kormorane von Untermaßfeld bis Walldorf an den noch eisfreien Abschnitten auf Fischfang. Das sind täglich 100 bis 200 Fische, die ungeachtet ihrer Schonzeit, ihres Schutzstatus, ihres Mindestmaßes oder ihrer Reproduktionskapazität in den Hälsen der Kormorane verschwinden. Dieser Verlust tut sehr weh, weil es überwiegend nicht die Fische sind die sich in der Werra ausreichend selbst vermehren (diese sind im zugeeisten Bereich), sondern es sind die Fische, die mühselig mit viel Arbeit in der Freizeit und viel Kosten aufgezogen und für die Arterhaltung eingesetzt werden. Das sind vorwiegend Äschen und Bachforellen.
Es kommt aber noch schlimmer. Die Kormorane verschlingen nicht alle Fische die sie im Schnabel haben. Manche Fische schlagen sich wieder frei und verenden an ihren Verletzungen. Größere Fische über 30cm können nicht immer sofort verschlungen werden und fallen auf den Eisrand.
Dort werden sie dann eine willkommene Nahrung für Krähen und Bussarde.
Am 11.01.2009 ging ich gegen 11:00 Uhr zur Aufzuchtanlage Am Weidig. Auf den Bäumen beim Eisenbahnersportplatz saßen 28 Kormorane und im Wasser in der Werra, waren 8 Kormorane und unterhalb der Eselsbrücke 11 Kormorane beim Fischen.
Oberhalb der Eselsbrücke rechts auf einer Eisplatte hat sich ein Bussard mit einem größeren Fisch beschäftigt den ein Kormoran dort abgelegt hatte. Auf dem Rückweg von der Aufzuchtanlage wollte ich mir den Fisch genauer ansehen. Nach 2 Stunden wieder an der Eselsbrücke angekommen, war der Fisch weg, aber weiter oben lag wieder einer. Weil ich wissen wollte, welche Fische betroffen sind bin ich dort hin und musste mit großem Verdruss feststellen, dass es eine Barbe von ca.30 cm war. Bei weiterer Kontrolle nach oben habe ich noch 2 größere Barben auf dem Eis gefunden. Andere Angler haben aber auch größere Äschen und Bachforellen, die durch Kormorane zwar gefangen aber nicht verschlungen wurden, auf den Eisrändern am Ufer gefunden.
Die Barbe als Leitfisch der Region, war nach den schweren Gewässerbelastungen zu DDR-Zeiten in der Werra in Meiningen und in anderen Fließgewässern verschwunden. Sie ist deshalb per Gesetz ganzjährig geschont. Weil sie aber der Leitfisch in der Barbenregion ist, haben die Meininger Angler kein Geld und keine Mühe gescheut und vor 6 bis 8 Jahren Laichbarben für die Wiederansiedlung gekauft und eingesetzt. Inzwischen hatten diese auch abgelaicht und beim Monitoring von Herrn Dr.Wagner, konnte die Wiederbesiedlung mit Jungbarben nachgewiesen werden. Diese hätten dieses Jahr Laichreife erreicht und sie wären die Reproduktionskapazität für die Sicherung des Barbenbestandes gewesen. Es wird nun nicht so kommen.
Es ist in der heutigen Zeit nicht leicht, über ein solches Problem zu berichten, weil es für Laien banal erscheint und von sogenannten Naturschutzexperten verneint wird. Bei politischen Verantwortlichen ist es sowieso kein Thema, sonst hätten sie sich schon längst ernstzunehmend dafür interessiert.
Es ist aber trotzdem zu bemerken, dass in vielen Gemeinden die Angelvereine das gesellschaftliche Leben mitgestalten. Sie sind sehr verärgert wegen der geduldeten Kormoranplage. Es ist auch nicht unwichtig, dass die betroffen Gewässer eine erhebliche Wertminderung durch verlorene Ertragsfähigkeit, sowie Erträge und einen Verlust möglicher Artenvielfalt erfahren.
Ganz entscheidend ist aber, dass die in der Europäischen Wasserrahmen Richtlinie geforderten Zielstellungen, bis 2015 in den Fischbeständen Referenzzustände wie vor 100 bis 150 Jahren zu erreichen, nicht erfüllt werden.
Meiningen 13.Jan.2009
Walter Böhm
Angel- und Fischereiverein Meiningen e.V.
Erstellt am Freitag, 23. Januar 2009 17:02 Uhr
Veröffentlicht am Freitag, 23. Januar 2009 16:52 Uhr