(Pressemitteilung vom 3.4.2008)
Mit ganzseitigen Anzeigen wirbt der Energieriese eon in diesen Tagen für Ökostrom aus Wasserkraftanlagen an der Werra. Die von eon in leuchtenden Farben gemalten Vorteile der Wasserkraft wollen Angler und Naturschützer allerdings nicht unkommentiert stehen lassen.
„Natürlich befürworten wir die Energieerzeugung aus regenerativen Quellen, aber die Anlagen müssen auch die ökologischen Erfordernisse berücksichtigen, um den Fluss als Lebensraum nicht zu schädigen. Das ist zumindest bei zwei der drei Wasserkraftanlagen an der Werra nicht der Fall.“ stellt Burkhard Vogel, Landesgeschäftsführer des BUND Thüringen, fest.
Das größte Problem der zahlreichen Querbauwerke in der Werra ist die sogenannte Durchgängigkeit für Fische und andere Lebewesen. Nicht nur der Lachs ist in der Werra ausgestorben, weil er seine Laichgründe am Oberlauf der Flüsse nicht mehr erreichen kann, sondern auch andere Arten wie Meerforelle, Barbe, Quappe oder die Nase. Aale gibt es hier nur noch, weil die Angelverbände mit Besatzmaßnahmen versuchen, den Bestand bestimmter gefährdeter Fischarten zu stützen.
„Selbst da, wo durch Fischtreppen oder Umgehungsgerinne der Aufstieg der Fische gewährleistet wird, gelangen dann beim Abstieg in Größenordnungen Fische in die Turbinen und werden zerhäckselt.“ weiß Axel Baumann vom Angelverein in Meiningen aus Erfahrung und Berichten von Angelfreunden. „Oft befinden sich die Fischauf– und –abstiege außerhalb der Lockströmung und sind somit nutzlos oder die Rechen sind so dimensioniert, dass abwandernde Fische hindurchpassen. Mit Sorge betrachten wir auch den verbotenen Schwallbetrieb bei Niedrigwasser, um teuren Tagstrom produzieren zu können. Wasserschwankungen bis zu 25 Zentimeter können unter Umständen bis zum Trockenfallen des Unterwassers führen.“
Mit welchem Naturschutzverband bei der Rekonstruktion der Wasserkraftanlagen eon wie behauptet „zusammengearbeitet“ hat, ist schleierhaft. „Der BUND hat in seiner Stellungnahme den Neubau des Wasserkraftwerkes Mihla jedenfalls abgelehnt“ stellt Burkhard Vogel klar.
In Mihla habe man zwar sowohl eine Aufstiegs- als auch ein Abstiegsanlage gebaut, mit einer Rechenbreite von 20 mm aber lediglich den Stand der Technik vollzogen. Die Aufstiegsanlagen in Spichra und Falken müssen erst rekonstruiert werden, um die Durchgängigkeit überhaupt herzustellen.
Die Umweltminister der Bundesländer Thüringen, Hessen und Niedersachsen hatten im Juni 2007 in Bad Salzungen eine Erklärung unterzeichnet, bis zum Jahre 2012 die Werra und ihre Nebengewässer komplett durchgängig zu gestalten. Damit erfüllen sie eine der wesentlichen Vorgabe der europäischen Wasser-Rahmenrichtlinie und des Thüringer Wassergesetzes. Dafür wurden bisher 4,7 Millionen Euro eingesetzt.
Stolz ist eon auf das vom TÜV Thüringen verliehene Zertifikat für „ehrlichen Ökostrom“. Auf Rückfrage beim TÜV heißt es aber von dort, dass lediglich die Herkunft des als Ökostrom verkauften Kontingentes aus den Wasserkraftanlagen an der Werra garantiert werde. Andere ökologische Kriterien, wie die Funktionstüchtigkeit von Fischaufstiegsanlagen, wurden definitiv nicht berücksichtigt.
„Alles in allem also eine reine Werbekampagne von eon, die dem Konzern eine grünes Mäntelchen umhängen soll, tatsächlichen ökologischen Erfordernissen aber nicht entspricht.“ kommentiert Burkhard Vogel. „Der Konzern sollte erst einmal seine Hausaufgaben machen und die Wasserkraftanlagen Spichra und Falken durchgängig gestlten, ehe er sich so weit aus dem Fenster lehnt.“
Für Rückfragen:
TÜV Thüringen, Dr. Drechsel, Tel. 03641/ 399741
Angel- und Fischereiverein Meiningen, Axel Baumann, Tel. 03693/ 47311
BUND Thüringen, Thomas Wey, 03693/ 42012
Fotos in der Anlage:
- Die Umweltminister Wilhelm Dietzel (Hessen), Dr. Volker Sklenar (Thüringen) und Hans-Heinrich Sander (Niedersachsen) nehmen am 11.6.2007 die Fischaufstiegsanlage Allendorf bei Bad Salzungen in Betrieb.
Erstellt am Montag, 07. April 2008 16:55 Uhr
Veröffentlicht am Montag, 07. April 2008 16:57 Uhr